Aktuell gibt es mal wieder Gerüchte, es könnte ein Bargeldverbot geben. Unbestritten sind die Argumente der Bargeldverbieter gut: Es wird schwieriger kriminelles Schwarzgeld zu bunkern, illegale Geschäfte, sowie Korruption, etc. werden erschwert. Auf der anderen Seite herrscht die Angst vor einem totalitären Überwachungsstaat, in dem Big Brother alles über jeden weiß, weil er alle Transanktionen kennt.

Ich kann beide Seiten gut verstehen, will aber diese Diskussion hier nicht aufnehmen, sondern mich auf die gesetzlichen Konsequenzen konzentrieren.

Nur Bares ist Wahres!
In diesem Sprichwort ist auch viel Wahres. Was die meisten nicht wissen ist: nur Bargeld (und Zentralbankgeld) ist gesetzliches Zahlungsmittel. (§ 14 BBankG) "Geld" auf dem Girokonto, wird zwar wie Euro behandelt, ist aber kein Euro, sondern faktisch nur ein Buchungssatz, hinter dem das Versprechen der Bank steht, diesen Betrag in Euro (bar) auszubezahlen. Es ist eine Forderung des Kunden an die Bank.

Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung, den Euro als Zahlungsmittel zu benutzen. Geschäfte sind dazu verpflichtet, den Euro als (gesetzliches) Zahlungsmittel zu akzeptieren. (Dazu gibt es aktuell eine lustige Anekdoten, weil die GEZ Bargeld nicht zum Bezahlen der Gebühren anbietet. [1] Andererseits können Geschäfte auch auf dem Euro als Bezahlung bestehen. Und mit Euro meine ich das gesetzliche Zahlungsmittel, also Münzen und Banknoten. Eine Überweisung, Bezahlung per EC-Karte, ist die Änderung zweier Buchungssätze und keine Euro-Transaktion, sondern "nur Geld". Es wird zwar allgemein als Zahlungsmittel "wie Geld" akzeptiert, ist aber nicht das Gleiche. Giralgeld ist kein gesetzliches Zahlungsmittel.

Das Buchgeld, oder Giralgeld, wie es genannt wird, wird fast überall als Zahlungsmittel akzeptiert und erfüllt alle Funktionen eines Geldes. Und bei großen Beträgen ist es bequemer und sicherer als Bargeld. Allerdings besteht gegenüber der Bank keine 100%-ige Sicherheit, diesen Betrag in Bargeld zu bekommen. Der Kunde hat zwar eine Forderung gegenüber der Bank (nämlich den Betrag auf seinem Konto in Scheinen und Münzen zu bekommen), aber wir wissen, dass Gläubiger (also in diesem Fall Bankkunden) immer damit rechnen müssen, dass der Schuldner (hier Banken) ihren Forderungen nicht 100% nachkommen können. Banken haben gar nicht so viel Bargeld, wie sie Sichteinlagen (Giralgeld) haben. Guthaben sind nur bis zu einem gewissen Betrag (auch über den Einlagensicherungsfond) gesichert. Man geht einfach davon aus, dass nur ein Bruchteil des Giralgeldes als Bargeld abgehoben wird. Und nur so lange funktioniert das System. Es hat etwas mit Vertrauen zu tun. So lange die Kunden darauf vertrauen, dass sie ihr Geld von der Bank in bar ausgezahlt bekommen, läuft das System. Wenn nicht, bricht es zusammen. Vertrauen ist auch der Grund, warum der Gesetzgeber z.B. den Einlagensicherungsfond eingeführt hat.

Aber deswegen gehen Banken bei einem Bank-Run pleite. Die ersten heben ihr Geld ab, bis alle Scheine der Bank ausgegeben sind. Wer dann noch kommt, kriegt nichts mehr. Mit dem Einlagensicherungsfond gibt's dann vielleicht noch ein bisschen mehr, dann ist endgültig Schluss. Der Bank geht schlicht und einfach das Bargeld aus.

Was bedeutet es unter diesen Gesichtspunkten, wenn wir Bargeld abschaffen?

Banken können durch einen Bank-Run nicht mehr pleite gehen. Denn man kann sich sein Sichtguthaben ja nicht in Bar auszahlen lassen. - Gut!

Gesetzliches Zahlungsmittel, von der Zentralbank geschöpft und emittiert (Zentralbankguthaben) ist nur noch den Banken vorbehalten. - Häh?

Niemand kann mehr mit gesetzlichem Zahlungsmittel bezahlen! - Mit was zahl ich dann?

Nochmal in aller Deutlichkeit: aktuell sind die Sichtguthaben ("Geld" auf dem Girokonto) von der Bank geschöpftes Geld. Es ist das Versprechen auf Bargeld, eine Forderung des Kunden an die Bank. Wenn es aber kein Bargeld mehr gibt, sind die Sichtguthaben das Versprechen auf ... was?

Mit der Abschaffung des Bargeldes wird faktisch auch das gesetzliche Zahlungsmittel abgeschafft. Denn es wäre nur noch ein Buchungssatz der Zentralbank zur Steuerung der Giralgeldmenge, die wiederum von den Geschäftsbanken geschöpft würde. Aber für die Wirtschaft wäre das "gesetzliche Zahlungsmittel" völlig irrelevant, weil es niemand nutzen kann. Ein Gut, dass es nur theoretisch gibt. Dann kann man auch gleich noch Männern das gesetzliche Recht einräumen, schwanger zu werden, auch wenn das physisch nicht möglich ist.

Es sind definitiv massive Gesetzesänderungen notwendig, um nicht in dieses Dilemma zu kommen. Eine andere Möglichkeit wäre aber auch, Giralgeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen. Diese Idee kursiert bereits unter dem Namen "Vollgeld" [2] und würde den Banken das Recht nehmen, Buchgeld durch Kreditvergabe zu erschaffen (schöpfen). Denn die moderne Geldschöpfung durch Kreditvergabe der Banken, ist nur möglich, weil die Banken kein gesetzliches Zahlungsmittel schaffen, sondern "nur" Buchgeld, also das Versprechen auf gesetzliches Zahlungsmittel. Gesetzliches Zahlungsmittel (= Euro, also Bargeld und Zentralbankgeld) darf nämlich nur die Zentralbank schöpfen.

Gerüchte und Angst wegen Negativzinsen
Man hört auch an einigen Stellen, dass das Bargeldverbot nur eingeführt wird, damit die Banken negative Zinsen einführen können, ohne dass die Menschen diesen entgehen können, in dem sie Bargeld abheben. Ist das eine Verschwörungstheorie oder begründete Angst? Ich persönlich kann mir schon vorstellen, dass negative Zinsen, die es ja teilweise schon gibt, weiter eingeführt werden.Wirtschaftstheoretisch finde ich es auch sinnvoll. Aber ich habe keine Angst davor. Das sollte keiner von "uns 99%". Wer glaubt, dass "wir", die Masse, mit negativen Zinsen noch mehr geschröpft werden, hat keine Ahnung, wie unser Geldsystem funktioniert. Von positiven Zinsen profitiert nur eine kleine Menge Menschen, die durch große Vermögen mehr Zinseinnahmen haben, als sie beim Konsumieren an Kreditzinsen bezahlen. Denn unser gesamtes Geld entsteht durch Kreditvergabe und ist mit Zinsen belastet. Diese Zinsen werden von allen bezahlt, die konsumieren, denn die Kreditzinsen stecken in Mieten, Preisen, Dienstleistungen, etc.

20% - 30% unseres Nettoeinkommens gehen über die Einnahmen von Unternehmen (deren Einnahmen = unsere Einkäufe) als Kreditzinsen an die Bank. Nur wenn Sie soviel Vermögen haben, dass Sie mehr als 30% Ihrer Ausgaben als Guthabenzinsen oder Rendite wieder einnehmen, gehören Sie nicht zu den Verlierern des Systems. Wenn Ihr Jahresnettoeinkommen also € 30.000 ist, müssen davon mindestens € 10.000 Zinseinnahmen sein, damit Sie "null-auf-null" raus kommen. Bei den aktuellen Zinsverhältnissen müsste das ein Vermögen über € 500.000 sein.

Nun ist es aber so, dass 50% der deutschen Bevölkerung überhaupt kein Vermögen besitzt. Dagegen besitzen die reichsten 10% ca. 65%-70% des gesamten Vermögens. Und es sind genau diese 10%, die obiges Rechenbeispiel erfüllen. Sie haben mehr Einnahmen aus Vermögen, als sie an umgelegten Zinsen in Ausgaben bezahlen. Das sind die Netto-Gewinner, die Profiteure dieses Systems. Die restlichen 90% zahlen drauf. Das weiß sogar Stefan Raab!

(Aus dem Spiel "Schlag den Raab")

 

Raab Frage Zinsen          Raab Antwort Zinsen

 

Positive Zinsen bestrafen die Masse, die kein Vermögen hat und belohnen die Reichen, die mehr haben, als sie ausgeben können.

Negative Zinsen kehren diesen Prozess um! Denn wer kein Vermögen hat, muss auch nichts zahlen. Diese Minus-Zinsen werden von den Reichen bezahlt, die das ganze Vermögen besitzen. Die paar Kröten, die "wir" in einer Riester-Rente oder sonstwo haben sind Peanuts. Was wir dagegen sparen, wird immens sein. Denn Geld, für das man zahlen muss, wenn man es nicht ausgibt, wird "billig" werden, denn es wird viel lieber verliehen werden. Die Kreditzinsen werden gegen 0% sinken. [3] Und somit wird es auch keine versteckten oder umgelegten Zinsen in Preisen geben, die die Masse zahlt.

Negative Zinsen bestrafen die Reichen, die mehr haben, als sie ausgeben können und belohnen die Masse, die kein Vermögen hat.

Wer etwas anderes behauptet, hat das System nicht durchblickt oder lügt.

Alltägliche Probleme eines Familienvaters
Ein ganz anderes Problem, über das ich mir als zweifacher Vater aber auch Gedanken mache ist: Wie zahle ich dann meinen Kindern Taschengeld? Und wie bringe ich ihnen den Umgang mit Geld bei, wenn ich ihnen nichts "in die Hand" geben kann?
Es dürfte rechtlich ziemlich schwierig werden, einem 6-jährigen eine EC- oder Kreditkarte in die Hand zu geben. Außerdem muss er sich vielleicht eine PIN merken. Und wie soll er den Überblick behalten, wie viel er ausgegeben hat und wie viel er noch übrig hat?
Oder wird es dann anonyme Pre-Paid Karten geben? Mmh, dann könnte man damit ja auch Schwarzgeld verstecken. Und die negativen Zinsen umgehen.

 

So oder so, ich fänd's irgendwie komisch, wenn ich meinem Kind nicht mehr 20 Cent für den Kaugummiautomat in die Hand drücken kann.


[1] Wie man ganz legal die Rundfunkgebühren spart und dabei die Geldreform voranbringt

[2] Monetative
Vollgeld Initiative Schweiz

[3] Nein, bei einem Nahe-Null-Zins-System sind wir noch nicht angekommen. Der Dispo-Zins liegt bei 10%, ein Autokredit bei 3% - 7%. Ich meine, dass alle Kredite um die 0% liegen, nicht nur die Kredite der Zentralbanken an die Geschäftsbanken. Möchten Sie einen Immobilienkredit zu 0%?